Valnir: Das Spiel
Wer du bist, ist auf Valnir Island unwichtig.
Wer du sein willst, das spielt eine große Rolle.
Feuer am Ufer und die Zähne des Sturms
“Hart Steuerbord! Rudert um eure Leben! Rudert, ihr Hunde! Rudert oder krepiert!” Schreie. Die Gesichter der Männer, bleich und in wildem Schrecken, für einen Herzschlag lang beleuchtet vom Blitz. Donner zerreißt den Himmel, als ein Felsen die Schiffshülle mit einem schrecklichen Splittern zerreißt, das genau so gut ein Götterurteil sein könnte. Das Schiff buckelt wie ein wilder Hengst. Ertrinkt am Wasser, das die Schiffsräume überflutet. Knarrt mit den letzten Atemzügen, als sich Goldmünzen glitzernd in die Tiefen ergießen. Wissend, dass es stirbt.
“Rudert! Rudert, ihr Teufel!” Aber jetzt gibt es keine Hoffnung mehr. Nur die hungrige See, der Zorn des Sturms und die Feuer am Ufer, die dich an die Felsen gelockt haben. Kein sicherer Hafen. Nur der Tod.
Ein weiteres Reißen. Tief und endgültig wie das Todesröcheln des Schiffs. Sein Kiel ist gebrochen und es buckelt erneut, und dieses Mal werden Männer über die Reeling geschleudert und den Wellen verschluckt.
Untergang in die Dunkelheit
Du prallst auf das Wasser und gehst unter. Versinkst in der kalten Dunkelheit. Blasse Gesichter. Starrende Augen. Ströme von Luftblasen aus den Mündern todgeweihter Männer. Mit brennenden Lungen, kämpfst du dich durch die hungrige See zurück an die Oberfläche. Du wirst in dieser Nacht nicht sterben!
Eine Welle verschlingt dich. In ihrer Strömung, erstickend drehst du dich hin und her, auf der Suche nach Rettung. Um dich herum sind nur Trümmer, die Reste vom Todesfest: Fässer und gebrochene Hölzer und Segeltuch auf der Wasseroberfläche. Über dir explodiert weißes Feuer im Herzen schwarzer Wolken. Die See will dich. Sehnt sich nach mehr. Immer mehr. Du kämpfst wie du es immer getan hast, aber das Meer zieht dich herab und du siehst sie; Leichen wiegen sich in Betten aus Seegras, ihr Haar treibt dahin wie Seetang. Aber das wird nicht dein Schicksal sein und so erkämpfst du dir deinen Weg erneut zur Oberfläche. Und diesmal erfasst dich eine Welle und hebt dich durch die brüllende, sprudelnde Dunkelheit. Und dann – nichts mehr.
Sand, Sonne und ein Toter
Du erwachst. Japst nach Luft wie ein Ertrinkender. Hustest und würgst warmes Salzwasser auf den heißen Sand. Es ist so hell und die Sonne brennt so stark, dass du kaum etwas siehst. Du bist geschwächt, aber am Leben.
Du kämpfst dich auf die Beine und sammelst deine Habseligkeiten ein. Der Sturm ist vorübergezogen und dieser Abschnitt des Sandstrandes ist nicht nur aufgrund der Hinterlassenschaften des Sturms wunderschön; die blassen Leichen treiben in der Brandung und blähen in der Hitze des Tages bereits auf.
Mit einem neuen Gefühl der Angst erkennst du, dass nicht alle Toten Opfer des Meeres sind. Bei einigen erkennst du Pfeile, die aus ihrem Fleisch staken. Andere wurden mit scharfem Stahl niedergemetzelt. Der Gestank des Todes überflutet dich und du wehrst dich gegen das Verlangen, dich erneut zu übergeben – dann hörst du ein Stöhnen.
Ein Mann lebt noch!
Der Wunsch eines Sterbenden
Dein Schiffskamerad sieht dich mit flehenden Augen an. Er fasst an die blutende Wunde in seinem Bauch. ‘Die Feuer,’ sagt er. ‘Sie haben sie entzündet, um uns auf die Felsen zu locken. Sie haben alle getötet. Alles…genommen.’ Wer auch immer diese Banditen sind, sind sie weg. Du sagst deinem Freund, er soll seinen Atem sparen, aber Ihr beide wisst, er ist ein toter Mann. Er gibt Dir sein Amulett, das er um seinen Hals trägt. Finde einen heiligen Ort und opfere es den Göttern, auf dass sie ihn in Valaheim empfangen.
‘Die Götter werden mich Willkommen heißen und ich trinke mit meinen Vorfahren,’ sagt er und verzieht das Gesicht vor Schmerzen. Du nimmst seine blutverschmierte Hand in deine und nickst, als du das Amulett in deiner Handfläche spürst. Du bist bei ihm, als dein Freund stirbt. Du schaust landeinwärts. Was ist das für ein Ort? Ein letztes Mal fällt dein Blick auf Leichen und Holzreste, die auf dem Strand verstreut sind. Du bist der einzige Überlebende. Aber du kannst nicht hier bleiben, zwischen den ganzen Toten. Und so brichst du auf.
Du bist nicht allein
Kühler Schatten hüllt dich ein und du schaust hoch. Din Blick fällt auf eine riesige, geflügelte Kreatur, die über deinem Kopf fliegt, die Flügel gen Osten schlagend. Ist das das Leben nach dem Tod? Dein grausamer Durst und dein schmerzender Bauch sprechen dagegen. Was das auch für ein Tier war, welche Gefahr auch noch vor dir liegt, du musst finden, was du zum Überleben brauchst. Vielleicht gibt es eine Siedlung in der Nähe, wo du Nahrung findest. Doch wenn du einem Fremden begegnest, wird er dir helfen? Oder wirst du dir wünschen, dein Schwert nicht im Meer verloren zu haben?